Bundesschiedsgericht BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Entscheidung vom 22.12.2022 – BSchG 05/2022

Begriff der „Frau“ und Zugang zu Frauen vorbehaltenen Wahlämtern

  • Bundesschiedsgericht BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Schlagworte: Frau, Frauen, Trans-Frau, Inter*(-geschlechtlich), non-binär, genderfluid, Geschlecht, Geschlechtsidentität, geschlechtliche Vielfalt, Geschlechtseintrag, Selbstdefinition, Selbstbestimmungsgesetz, Persönlichkeitsrecht, Frauenstatut, Frauenförderung, Frauenquote, Redequotierung, Rederecht, Frauenplätze, Nachteilsausgleich, gleiche Teilhabe, Rechtsmissbrauch, Parteiamt, Wahlverfahren, Recht auf ein faires Verfahren, Chancengleichheit, Wahlrechtsgleichheit, chancengleicher Zugang zum Amt, Mitgliedschaftsrechte, Mitgliederdatei, Transparenz, Personenstandsgesetz, Parteienfreiheit, Gegendarstellung, Beiladung

Abstract

Ein faires Verfahren verlangt, dass die Partei dem einzelnen Mitglied größtmögliche Transparenz hinsichtlich der jeweils eigenen Mitgliedsdaten gewährt, damit es sich bei einer tatsächlichen oder auch nur potentiellen Bewerbung darauf einstellen kann, ob es auf einem Frauenplatz oder nur auf einem offenen Platz kandidieren darf. Entsprechendes gilt etwa auch für Redelisten. Bleibt ein Mit-glied im Unklaren darüber, mit welchem Geschlecht es in den Mitgliedsakten geführt wird, kann es bei Geltung einer Frauenquote sein passives Wahlrecht nicht mehr informiert ausüben. Es wird parteiöffentlichen Erklärungen des Präsidiums vor der Wahlversammlung über eine vermeintlich nicht stimmige Geschlechtszugehörigkeit ausgesetzt, kann seine Kandidatur nicht zielgenau auf die angestrebte Position beziehen und hat keine Möglichkeit mehr, Rechtsschutz gegen die Änderung der Geschlechtseintragung rechtzeitig vor der Wahl zu erlangen. Es erscheint mehr als zweifelhaft, ob die Partei die Geschlechtszugehörigkeit eines Mitglieds in der Mitgliederdatei überhaupt eigenmächtig abändern darf. In keinem Falle kann sie dies jedoch ohne vorherige Information und Anhörung des Mitglieds, um dessen Registrierung und Daten es geht. Das bislang angewandte Vorgehen verletzt das Recht auf ein faires (Wahl-)Verfahren und damit zugleich das Recht auf einen chancengleichen Zugang zum Parteiamt.

Veröffentlicht
2023-12-06