Parteieigenschaft und Rechenschaftspflicht

  • Thorsten Koch
Schlagworte: politische Partei, Parteienstatus, Parteieigenschaft, Rechenschaftspflicht, Rechenschaftsbericht, Abgabefrist, Einreichungsfrist, Rückwirkung, Zwangsgeld

Abstract

Die im Jahre 2015 in das Parteiengesetz eingefügte Neuregelung, der zufolge eine Organisation den Status der politischen Partei im Falle der Nichtabgabe eines Rechenschaftsberichts in sechs aufeinanderfolgenden Jahren verliert (§ 2 Abs. 2 Satz 2 PartG), hat zu Diskussionen über die Verfassungsmäßigkeit der Regelung geführt, wirft aber auch Fragen der Auslegung des einfachen Rechts auf. So ergab sich aus Anlass der Bundestagswahl 2021 die Frage, ob auch die mehrjährige verspätete Abgabe eines Rechenschaftsberichts die Nichtzulassung zur Wahl als Partei zur Folge habe. Dies hat das Bundesverfassungsgericht zu Recht verneint: Die gesetzliche Regelung ist mit Blick auf die Parteienfreiheit (Art. 21 Abs. 1 GG) dahin zu verstehen, dass eine Organisation die Parteieigenschaft wiedererlangt, wenn die geschuldete Handlung der Abgabe ordnungsgemäßer Rechenschaftsberichte nachgeholt wird. Eine Verspätung ist aber nicht nachträglich korrigierbar, da die rechtzeitige Abgabe eines Rechenschaftsberichts nach Fristablauf nicht mehr nachgeholt werden kann; dieser Fall wird daher vom Anwendungsbereich der Regelung über den Verlust der Parteieigenschaft aufgrund der Nichtabgabe eines Rechenschaftsberichts nicht erfasst.

Veröffentlicht
2022-04-19